Bislang waren Kommunen im Allgemeinen von der Umsatzsteuer befreit. Durch eine Änderung im Umsatzsteuergesetz ändert sich dies nun.
Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2015 (Steueränderungsgesetz 2015 vom 02.11.2015, BGBl. 2015) ist das Umsatzsteuergesetz geändert worden und zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Insbesondere die Neuregelung im § 2b UStG betrifft die Kommunen. Demnach müssen juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) marktrelevante und privatrechtliche Leistungen nach den gleichen Grundsätzen erbringen wie andere Marktteilnehmer. Die Leistungserbringung durch jPdöR ist nun steuerpflichtig.
Die Änderungen im UStG sind am 01.01.2017 in Kraft getreten und gelten ab dem 01.01.2023 ausnahmslos für alle steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungen in Kommunen.
Für Kommunen und Kirchen heißt es spätestens dann: Die Erfassung und Bewertung aller Umsätze ist auf privatrechtlicher und hoheitlicher Grundlage erforderlich. Das kann bedeuten, dass früher umsatzsteuerfreie Leistungen in Zukunft umsatzsteuerpflichtig sind.
Sobald die Gemeinde der Regelbesteuerung unterliegt, sind alle steuerbaren Umsätze der Gemeinde gegenüber dem Finanzamt in einer vierteljährlichen oder monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung anzugeben.
Die Leistungen der Kommunen sind in solche zu unterscheiden, welche auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden (umsatzsteuerpflichtig) und welche Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt (umsatzsteuerfrei) liegen. Bei Erbringungen von Leistungen auf privatrechtlicher Grundlage gelten die allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuerrechts. Soweit es sich um eine steuerbare und nicht um eine nach § 4 UStG steuerbefreite Leistung handelt, unterliegt die Leistungserbringung der Umsatzsteuer.
steuerfrei bleiben:
- Gebühren für hoheitliche Aufgabenerfüllung, beispielsweise für Pässe, Ausweise
- Kfz-Anmeldung
- Gewerbeanzeige
- Hundesteuermarken
- Feuerwehr: umsatzsteuerfrei sind lediglich hoheitlich erbrachte Leistungen, d.h. im Rahmen von sicherheitsrelevanten Notfalleinsätzen bei Brand, Unfall o.ä.
steuerpflichtig werden:
- der Verkauf von Waren, bspw. ein Familienstammbuch im Standesamt
- die Fotokopie im Bürgeramt
- Verkäufe der Touristinformation
- besonderer Trauungsraum
- Benutzung der Trauerhalle auf Friedhöfen
- Duplikate / Kopien
- Schutzgebühren für nicht amtliche Informationsbroschüren
- Verkauf von Heimatbüchern / Chroniken
- Raumbereitstellung für Kurse, Veranstaltungen, Konzerte
- Eintrittskarten
- Standgebühren bei Veranstaltungen/Märkten
- Stadtführung
- Kurtaxe
- Verleihgebühren in Bibliotheken
- Verkäufe in Bibliotheken
- Ersatzleistungen in Bibliotheken
- Dienstleistungen / Arbeiten des Bauhofes, die über die hoheitlich notwendigen hinausgehen
- Straßenabsicherung des Bauhofes (Ausnahme: hoheitlich im Zuge eines Feuerwehreinsatzes)
- Arbeiten des Bauhofes für private Dritte
- Feuerwehr: Ölbindemittel u.ä. (soweit außerhalb Einsatz-notwendiger Sicherungsmaßnahmen)
- Weihnachtsbaumverkauf
- Parkgebühren, Vermietung von Stellplätzen auf Flächen/in Parkhäusern außerhalb des öffentlichen Raum (privatrechtlich erbrachte Leistung)
- Hallenvermietung / Raumvermietung (Ausnahme: hoheitliche Aufgaben, z.B. als Wahllokal)
Besteht ein „Markt“, also die Möglichkeit die (Teil-) Leistung auch von der privatrechtlichen Wirtschaft oder von Dritten (außerhalb des hoheitlichen Handelns bzw. Verwaltungsverfahren) zu beziehen, dann ist diese Leistung umsatzsteuerpflichtig.
Handelt es sich um eine hoheitliche Maßnahme oder einen Verwaltungsakt, als Verwaltungsleistung der Gemeinde, bleibt die Leistung steuerfrei.
Definiert ist dieses im § 2b Absatz 1 Satz 2 UStG: größere Wettbewerbsverzerrungen:
Tätigkeiten einer jPöR, die diese (zulässigerweise) im Rahmen öffentlich-rechtlicher Sonderregelungen ausführt, unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn die Nichtbesteuerung dieser Leistungen zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Verzerrungen des Wettbewerbs können nur stattfinden, wenn Wettbewerb besteht. Dies setzt voraus, dass die von einer jPöR auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbrachte Leistung gleicher Art auch von einem privaten Unternehmer erbracht werden könnte. Die Tätigkeit der jPöR muss also marktrelevant sein. …“
Welcher Steuersatz?
- Auslagen
Bei der Umsatzthematik von Auslagen im Rahmen der Verwaltungsgebührensatzung ist prinzipiell jede Leistung gesondert zu prüfen. Pauschal kann man nicht alle Auslagen einheitlich behandeln.Ein Großteil der Auslagen als Nebenleistung zur einer hoheitlichen Hauptleistung einordnen, Abschnitt 3.10 Abs. 5 UStAE. Je nachdem also, ob die Hauptleistung umsatzsteuerpflichtig ist oder steuerfrei/nicht steuerbar, so wird auch die Nebenleistung behandelt.
Auslagen, die keine Nebenleistungen sind, werden vermutlich auf öffentlich-rechtlicher Grundlage vereinnahmt, demnach würde §2b UStG greifen. Dann müssten Sie die Umsatzgrenze von 17.500€ prüfen.
- Holz
Wenn die Gemeinde der Regelbesteuerung nach dem UStG unterliegt, beträgt der Umsatzsteuersatz bei Brennholzverkäufen an Privatpersonen 7 % und für Nutzholzverkäufe an Unternehmen 19 %. Sind die Erträge aus Holzverkauf nur gelegentlich und bspw. aus einer hoheitlichen Tätigkeit entstanden (z.b. Pflege der Straßenränder, Alleen, Bau eines gemindlichen Gebäudes etc.), können diese auch als „Hilfsgeschäft“ eingeordnet werden und bleiben dann umsatzsteuerfrei. Liegt aber eine Einnahmeerzielungsabsicht vor, dann unterliegt der Verkauf der Umsatzsteuer. - Hundesteuermarke
Die Hundesteuermarke als amtlichen Nachweis kann man so „auf dem Markt“ nicht beziehen und ist fester Bestandteil zur Hundesteueranmeldung und -festsetzung bzw. zur Dokumentation dieser Verwaltungsleistung. Somit bleibt die Hundesteuermarke umsatzsteuerfrei. Der Ersatz der Hundesteuermarke ist als Auslagen-Ersatz für Kosten und Aufwand im Verwaltungsverfahren (Änderung von Hundesteuer-Nummer in Kartei, Hundesteuer-Änderungsbescheid und Ausgabe von anderer, neuer Marke) zu betrachten und bleibt ebenfalls umsatzsteuerfrei. - Theater, Kunst
Handelt es sich bei den Einnahmen aus kulturellen Veranstaltungen um die Umsätze folgender Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen oder um Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, denen die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen, sind die Umsätze gem. § 4 Nr. 20 UStG steuerfrei. Ohne Bescheinigung sind diese mit dem halben Steuersatz steuerpflichtig. - Verkauf von Müllsäcken
Erfolgt der Verkauf der Müllsäcke im Auftrag des Landkreis ohne Aufschlag und Provision, sollte dieser auch so klassifiziert sein und bleibt dann für die Kommune selbst steuerfrei.Man sollte in die Rechnung mit aufnehmen, dass der Verkauf im Namen und für Rechnung des Landkreises erfolgt. Damit ist klar geregelt, dass es sich um einen durchlaufenden Posten iSd § 10 (1) S.5 UStG handelt und die Umsatzsteuerpflicht beim Landkreis/Entsorger liegt.Es gibt auch die Auslegung das Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung bzw. dem Zwang über den örtlich zuständigen Abfallentsorger zu entsorgen, auch der Verkauf der Restmüllsäcke ein Teil der hoheitliichen Aufgabenübertragung ist.
- Standesamt
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Standesamtliche Leistungen sind zum großen Teil hoheitliche Aufgaben, die von keinem anderen erbracht werden können und unterliegen ab Januar somit nicht der Umsatzsteuerpflicht.
- Trauung außerhalb, z.B. Burgsaal oder Kapelle gegen Gebühr stellt eine Sonderleistung im Gegensatz zur Trauung im Amtszimmer da. Diese Gebühren sind mit dem vollen Steuersatz zu berechnen.
- Das „Stammbuch“ kann vom Markt käuflich außerhalb der Verwaltung erworben werden, d.h. eine wettbewerbsrelevante Position mit Umsatzsteuer (bei Ausgabe durch die Verwaltung).
- Die Urkundenoriginale sind hoheitlich und somit steuerfrei. Dagegen sind Kopien der Heirats-, Geburtsurkunden umsatzsteuerpflichtige Zusatzleistungen.
Es gibt aber auch Ausnahmen, wo im Standesamt die Umsatzsteuerpflicht entsteht: